Auf dem Bild sieht man Bauprojekte im Einklang mit dem Deutschlandtakt.
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Die Infrastruktur-Tochter der Deutschen Bahn, die DB Netz AG, plant aktuell viele Bauprojekte im Einklang mit dem Deutschlandtakt. Mit dabei: Kim-Oliver Engelbach und sein Team. Wie seine Arbeit konkret aussieht, welche Herausforderungen der Deutschlandtakt im Gepäck hat und warum er nicht nur die Haupttrassen im Blick hat, erzählt er im Interview.

Mit 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt Kim-Oliver Engelbach, Leiter Kapazitätsmanagement und strategischer Fahrplan, unter anderem die langfristigen Fahrplankonzepte und die Netzkonzeption bei der DB Netz AG, die für die Schieneninfrastruktur von insgesamt 33.500 Kilometern verantwortlich ist. Außerdem steuert er die fahrplanseitige Markteinführung neuer Strecken und verantwortet die Kapazitätsplanung der Fahrwege.

Wie weit reicht Ihr Horizont im strategischen Fahrplan?

Kim-Oliver Engelbach: Wir blicken immer in die Zukunft. Mindestens drei Jahre – aber in Wirklichkeit schon bis ins Jahr 2040. Welche Angebotskonzepte sind in den kommenden Jahren unter Berücksichtigung aller baulichen Inbetriebnahmen möglich? Welche zusätzlichen Kapazitäten können den Personen- und Güterverkehren in Zukunft zur Verfügung gestellt werden? Den bestehenden Fahrplan entwickeln wir dann auf Basis zusätzlicher Infrastrukturmaßnahmen sukzessive weiter.

Wie wird mit Einschränkungen aufgrund von Bautätigkeiten umgegangen?

Engelbach: Ein Beispiel: Teile unserer Infrastruktur haben ihre Lebensdauer überschritten. Etwa die Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart. Sie wird nach knapp 30 Jahren Betrieb gerade generalüberholt. Dies muss fahrplanseitig im Voraus durchdacht werden. Generell gilt: Wir wollen fahren, müssen aber relativ viel bauen. Um die Einschränkungen zu minimieren, bündeln wir möglichst viele Bauprojekte. Hinzu kommen natürlich viele Neu- und Ausbaustrecken.

Welche neuen Strecken sind die wichtigsten?

Engelbach: Jede Strecke ist wichtig – ob groß oder klein. Für Hauptstrecken ist der neue Fahrplan viel komplexer und ausgeklügelter als für die letzte Meile. Viele Anschlüsse, kürzere Takte, neues Timing – da hängt viel dran. Das alles muss rechtzeitig und umfassend festgezurrt und allen Beteiligten kommuniziert werden. Die letzte große Inbetriebnahme war die Schnellfahrstrecke Berlin–München.

Und was wird der nächste große Meilenstein sein?

Engelbach: Das ist die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm: Die Inbetriebnahme wirkt sich vielseitig auf den Fahrplan 2026 aus. Wichtig ist jetzt ein letzter Check der geplanten Infrastruktur: Fehlt noch etwas für den perfekten Fahrplan? Noch können wir eingreifen und bauen. 2026 ist es zu spät.

Sie tragen auch Verantwortung für Kapazitätsplanung der Fahrwege. Was bedeutet das?

Engelbach: Wir müssen dem Eisenbahn-Bundesamt mittels sogenannter eisenbahnbetriebswissenschaftlichen Verfahren nachweisen, dass unsere Bauprojekte den gesetzten verkehrlichen Zielen genügen. Nicht überdimensioniert, nicht unterdimensioniert. Jede Strecke verdient unsere Aufmerksamkeit und den nötigen Weitblick. So achten wir darauf, dass keine Streckenkapazitäten verloren gehen. Indem etwa Gleise und Strecken vorschnell stillgelegt oder Liegenschaften der Bahn verkauft werden.

Welchen Einfluss hat der Deutschlandtakt auf Ihre Arbeit?

Engelbach: Die Philosophie hat sich gedreht: Der Zielfahrplan bestimmt den Ausbau. Wir sehen da einen absoluten Mehrwert und bauen gern an einem besseren Bahnsystem mit.

Welche Infrastrukturmaßnahmen geraten durch den Deutschlandtakt in den Fokus?

Engelbach: Maßnahmen auf den Hauptkorridoren und insbesondere in den Knoten sind wichtig, um Fahrzeiten verkürzen und Frequenzen erhöhen zu können. Zum Beispiel mit der Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim oder der Ausbaustrecke Hanau-Fulda sind wichtige Maßnahmen bereits in der Planung. Auch den Neu- und Ausbau Hannover–Bielefeld gilt es zu erwähnen: Hier wird im Deutschlandtakt ein gegenüber der ursprünglichen Bedarfsplanung ambitionierterer Ausbau zugrunde gelegt, um die Fahrzeit zwischen Köln und Berlin deutlich zu verkürzen.

Welche Rolle spielen die transeuropäischen Verkehrsnetze?

Engelbach: Sie gehören zu den am stärksten frequentierten Strecken. Dort gilt es vor allem, Kapazitäten zu schaffen und Reise- bzw. Transportzeiten zu verkürzen. Auf dem Rhein-Alpen-Korridor hilft uns da etwa der Ausbau der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel. Beim Deutschlandtakt sind die großen pulsierenden Korridore genauso zu betrachten wie die kleinen Lebensadern in der Region. Wir müssen immer das gesamte Netz im Blick behalten.

Wie geht es mit dem Deutschlandtakt für Sie weiter?

Engelbach: Wichtig ist jetzt die schnelle Umsetzung. Einige Bauprojekte werden nur langfristig umsetzbar sein, aber der neue Takt muss auch in den kommenden Jahren für Reisende und Eisenbahnverkehrsunternehmen spürbare Vorteile bringen. Wir bauen das Netz weiter aus und unternehmen alles, um die gesetzten Etappenziele zu erreichen. Schließlich möchten wir jedes Jahr ein Stück Deutschlandtakt feiern. Ganz nach dem Motto: Wir werden jedes Fahrplanjahr ein bisschen besser.

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